Eine 6-wöchige Chemotherapie soll − kombiniert mit einer 30-tägigen Strahlentherapie − den Störenfried zerstören oder zumindest verdrängen. Nach drei Chemotherapien ist noch keine Bilanz möglich. Aber: Die angekündigten Nebenwirkungen sind ausgeblieben. Meine Haare sind (noch) nicht gefallen. Die vorbereitete Tücher für die Kopfbedeckung bleiben vorerst in der Schublade. Ist das ein gutes Zeichen?
Eine scheue Frage an die Pflegerin: Heisst das vielleicht, dass die Chemie gar nicht wirkt? «Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Nebenwirkungen und Heilwirkung» spricht die Erfahrene. So beruhigend. Alle Zeichen der Hoffnung werden so dankbar aufgenommen. Ich habe lange meinem Körpergefühl vertraut, bis der Störenfried mein Leben umgekrempelt hat. Kann ich jetzt meinem Körper wieder trauen?
Der Störenfried lässt immer noch Flüssiges durch, erlaubt Püriertes, wenn dazu genug getrunken wird. Die Fantasie der Feinschmeckerin wird angeregt: Spinat aus dem Garten mit gestampften Kartoffeln, dazu eine feine Tomatensauce. Oder Artischocken mit Zitrone und Sauerrahm, dazu Schinkenmousse! Ersetzt zwar nicht die üblichen Mahlzeiten, ist als Übergang aber erträglich. Von einer Pizza Tonno kann ich noch träumen, von einem Schinkensandwich oder einem Steak mit Beilagen auch. Und dann weiss noch die politisch Engagierte: Millionen von Menschen haben diese Sorge nicht! Sie sind froh, wenn sie überhaupt etwas zum Essen haben. Und sterben, weil sie kein sauberes Wasser haben.
Der Störenfried ist zwar sehr lästig, hilft aber, zu relativieren. Er soll weg, ich kann ohne ihn für sauberes Wasser für Alle kämpfen.